Wie wirksam ist Gruppentherapie per Video

Ein Beitrag von M. Sc. Psych. Jana Schneider

Wie wirksam ist Gruppentherapie per Video? – Das ist eine gar nicht so einfache, aber extrem relevante Fragestellung. Mit der Einführung der Gruppentherapie per Video eröffnen sich aufregende Perspektiven. Denn dieser innovative Ansatz macht es Psychotherapeut:innen möglich, ihre Patient:innen in einer Gruppentherapie-Umgebung über das Internet zu betreuen. Doch wie effektiv ist diese Form der Behandlung wirklich und welche Stärken birgt sie?

Gruppentherapie per Video: Umsetzung und Vorteile

Die COVID-19-Pandemie hat die Notwendigkeit von Online-Therapieoptionen deutlicher denn je gemacht. Die sozialrechtliche Abrechnungsfähigkeit von Gruppensitzungen per Video hat seit Oktober 2021 die Türen geöffnet, um die Versorgung von Patient:innen zugänglicher zu machen. Diese ergänzende Möglichkeit der Therapieumsetzung kann langen Anfahrtswegen, Stigmatisierungssorgen und langen Wartezeiten durch diese ergänzende Möglichkeit der Therapieumsetzung entgegengewirken. Die Flexibilität des Teilnahmeortes, die örtliche Reichweite und das niedrigschwellige Therapieangebot sind nur einige der Vorteile, die die Gruppentherapie per Video bietet.

Es gibt bereits Forschungsergebnisse zu Einzelpsychotherapien per Video und onlinebasierten Psychotherapien mit asynchronem Kontakt zu Psychotherapeut:innen. Auch die Einzeltherapie per Chat oder E-Mail und die selbstgeführte Therapie mittels zur Verfügung gestellter Materialien sind gut erforscht. Die Studienlage zu videobasierter Gruppenpsychotherapie ist hingegen deutlich dünner.

Gruppentherapie per Video: Eine evidenzbasierte Perspektive

Obwohl die Forschung zur Wirksamkeit von onlinebasierten Gruppentherapien noch in den Kinderschuhen steckt, weisen einige Studien bereits vielversprechende Ergebnisse auf. Ihnen zufolge kann Gruppentherapie per Video zur Behandlung von posttraumatischen Belastungsstörungen (PTBS), Suchterkrankungen und in der Psychoonkologie effektiv und gut eingesetzt werden. Zudem wird sie von Patient:innen sehr gut akzeptiert.

Wirksamkeit des Behandlungserfolgs von Gruppentherapie per Video

Die Forschungsgruppe um Gentry et al. (2019) führt in ihrem Literaturbericht 40 Studien zur Wirksamkeit von per Videokonferenz durchgeführter Gruppentherapie an. Behandelt wurden Veteranen mit PTBS, Patient:innen mit Substanzabhängigkeit, mit somatischen Diagnosen (z.B. HIV, Krebs, Diabetes, chronisch obstruktive Lungenerkrankung), aber auch Betreuungspersonen und Eltern von erkrankten Angehörigen und Kindern. Dabei wurden auch diverse Therapieformen angewendet, von kognitiver Verhaltenstherapie über Achtsamkeitstraining, Training von Bewältigungskompetenzen bis hin zur  Akzeptanz und Commitment Therapie (ACT).

Alle 40 im Literaturbericht eingeschlossenen Studien weisen auf eine gute Durchführbarkeit des Gruppenformats per Video und auf eine Verbesserung der Symptomatik hin. Betrachtet man die einzelnen Studien jedoch etwas genauer, wird deutlich, dass im Vergleich zur Forschung im Bereich der Einzelpsychotherapie per Video nicht so große Stichproben untersucht und eher wenige, randomisiert kontrollierte Studien durchgeführt wurden. 

Die Forschungsgruppe um Dahmen et al. (2021) untersuchte hingegen mit 142 psychosomatischen Rehabilitanden in einer randomisiert kontrollierten Studie, ob und bei welchen Merkmalen ein ambulantes Gruppenangebot nach einer Rehabilitation über Videosprechstunde empfohlen werden kann. Insgesamt konnten nach den digitalen Angeboten geringere Werte für Depressivität festgestellt werden. Für Männer ergab sich kein Unterschied zur Gruppenbehandlung in Präsenz. Frauen konnten sogar längerfristig von der videobasierten Reha-Nachsorge profitieren.

Online Gruppentherapie: Akzeptanz und Patient:innenzufriedenheit

Eine erfreuliche Erkenntnis ist, dass Therapieakzeptanz, Zufriedenheit und die Einhaltung des Therapieplans zwischen Gruppentherapie per Video und herkömmlichen Präsenzsitzungen keinen Unterschied aufweisen. Das bedeutet, dass Patient:innen von Gruppentherapien sowohl in der Online- als auch in der Präsenzumgebung ähnlich positive Erfahrungen machen.

Wirkfaktoren in der Gruppentherapie per Video

Die Wirksamkeit von Gruppentherapie hängt oft von Faktoren wie Gruppenkohäsion und Gruppenklima ab. Yalom postulierte bereits 1995 elf zentrale therapeutische Wirkfaktoren, die Einfluss auf eine erfolgreiche Gruppentherapie nehmen. Zum heutigen Stand der Forschung ist klar, dass unabhängig von ambulanter oder stationärer Versorgung sowie Diagnose vor allem der Wirkfaktor Gruppenkohäsion signifikant mit dem Therapieerfolg der Patient:innen zusammenhängt. Das konnte in einer großen Metaanalyse mit 55 eingeschlossenen Studien und 6.000 Gruppenteilnehmenden (in Präsenz) um die Forschungsgruppe von Burlingame et al. (2018) herausgestellt werden. Auch die Forschungsgruppe um Maaß et al. (2022) beschäftigte sich mit dem Wirkfaktor Gruppenkohäsion. Sie konnten feststellen, dass die Gruppenkohäsion zudem auch auf die Zufriedenheit der Patient:innen mit der Gruppentherapie selbst schließen lässt.

Doch wie verhält es sich mit den Gruppenwirkfaktoren in der Gruppentherapie per Video? Im Bereich der videobasierten Gruppentherapien gibt es hierzu bisher nur wenig Erkenntnisse. Erste Hinweise liefert eine Studie um die Forschungsgruppe von Arrow et al. (2021). Sie untersuchten das Gruppenklima, das stark mit der Gruppenkohäsion assoziiert wird. In ihrer Untersuchung mit 38 Patient:innen konnten sie feststellen, dass das Gruppenklima zwischen videobasierter und in Präsenz verlaufender Gruppentherapie vergleichbar war. Zu den allgemeinen Wirkfaktoren nach Grawe gibt es hingegen noch keine Untersuchungen im Gruppensetting per Video.

Gruppentherapie per Video als Ergänzung der ganzheitlichen Psychotherapie

Obwohl die Forschungslage noch ausgebaut werden muss, deuten die vorliegenden Daten darauf hin, dass die Online-Gruppentherapie eine vielversprechende Zukunft hat und Psychotherapeut:innen dabei hilft, ihren Patient:innen die bestmögliche Versorgung zu bieten. Sie bietet Flexibilität, niedrigschwelligen Zugang und hervorragende erste Ergebnisse. Sie ist also eine vielversprechende und nach ersten Erkenntnissen effektive Ergänzung zur herkömmlichen Psychotherapie. Sie kann seit 2021 auch sozialrechtlich über die gesetzliche Krankenkasse abgerechnet werden, womit der Zugang zu einer breiteren Patient:innenmenge ermöglicht wird. Die Anpassung und Weiterentwicklung von Therapieansätzen, um den Bedürfnissen und Anforderungen in der Online-Umgebung gerecht zu werden, wird zweifellos eine aufregende Reise sein, die die Psychotherapie in eine neue Ära führt.

Consularia unterstützt mit der Lösung für Videosprechstunden Consularia Live aktuell ein Forschungsprojekt an der MEU – Kompetenzzentrum für Psychologie und Studienzentrum der DIPLOMA Hochschule, um genau diese Wissenslücken zu schließen. Dabei untersucht die Forschungsgruppe um die Doktorandin Jana Schneider die Wirksamkeit von videobasierter Gruppentherapie zur Behandlung von Depressionen im Projekt Videobasierte ambulante Psychotherapie in der psychotherapeutischen Versorgung – Gruppentherapie (VIP-GROUP).

Mit Magdeburg als Hauptstandort, Halle, der Lutherstadt Wittenberg, der MHH Hannover, aber auch dem DGVT Ausbildungszentrum Berlin und dem DGVT Ausbildungszentrum Dresden wirken sechs Standorte an dieser multizentrischen, randomisiert, kontrollierten Studie mit. Für mehr Informationen zur Studie schauen Sie doch mal ins deutsche Register für klinische Studien. Hier finden Sie VIP-GROUP unter der folgenden DRKS-ID: DRKS00029916.

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