Weihnachtsstress meistern: Mein therapeutischer Leitfaden für die Feiertage

Consularia Blogbeitrag- Weihnachtsstress meistern

Ein Beitrag von Dipl.-Psych. Katja Kunert (Psychologische Psychotherapeutin VT)

Weihnachten steht vor der Tür, und damit beginnt für uns und besonders für unsere Patient:innen ein höchst stressiger und vor allem sehr emotionaler Abschnitt. Egal, ob du oder deine Patient:innen Weihnachten mögen oder nicht, es ist so oder so eine besondere Zeit im Jahr. Unglücklicherweise fällt das Ganze auch noch in die dunklen Monate, in der sowieso alles etwas gedämpfter und antriebsärmer abläuft. So kurz vor Silvester ist das Bilanzieren über das vergangene Jahr oder mitunter auch über das Leben an sich noch ein weiterer erschwerender Einflussfaktor.

Alle Jahre wieder Was kann Weihnachten so schwierig machen?

Es gibt kaum ein Fest, in dem gelebte Realität und kitschig-romantischer Idealisierungsanspruch weiter auseinanderklaffen als beim Weihnachtsfest: Viele Menschen sammeln in dieser Zeit negative Erfahrungen, die sie nachhaltig belasten. Der Druck von erzwungener Harmonie, Perfektion und Besinnlichkeit ist einfach zu groß. Es gibt nur wenige Anlässe, zu denen so klare Ansprüche an das Miteinander bestehen wie beim „Fest der Liebe“. Weihnachtsfilme, emotionale Werbungen, Traditionen, gesellschaftlicher Druck – man wird regelrecht damit überflutet, wie man sich in dieser Zeit verhalten sollte und wie alles abzulaufen hat.

In den meisten Fällen werden diese negativen Erlebnisse direkt nach den Festlichkeiten verdrängt oder vom Chaos des Alltags abgelöst. Man spricht höchstens noch von der „tollen Zeit, die man selbstverständlich gehabt hat“, wie sollte es auch anders sein? Ein mögliches Reflektieren oder gar Lerneffekte werden zusätzlich durch den Faktor Zeit eliminiert, schließlich dauert es ein ganzes Jahr, bevor wir uns mit der gleichen Situation erneut konfrontiert sehen müssen. Genug Zeit, um zu „vergessen“, und wie jeder weiß, kommt Weihnachten jedes Jahr wieder ganz überraschend.

Weihnachtszeit und ihre Auswirkungen: Wie wir unsere Therapie anpassen können

Jedes Jahr beobachten wir, wie all das auf unsere Patient:innen wirkt. Entweder entsteht viel Stress bei der Planung des „perfekten“ Festes oder es wird nochmal so richtig deutlich, dass man nicht aus einer heilen Familienwelt kommt. Manchmal gibt es sogar niemanden, mit dem man die Feiertage verbringen kann oder will. Häufig höre ich Sätze wie „Aber es ist doch Weihnachten, da muss man doch mit der Familie zusammen sein“ oder „Aber das macht man doch so an Weihnachten“. Die Nichterfüllung solcher Bilder verstärkt hin und wieder bereits bestehende selbstabwertende Grundannahmen wie „Keiner interessiert sich für mich“, also bin ich nicht liebenswert. Alles in allem also eine Zeit, in der es meiner Ansicht nach darauf ankommt, dass wir Psychotherapeut:innen in den Therapiesitzungen nochmals ganz gezielt die Themen Stress, Perfektionismus und Grundannahmen aufgreifen.

So unterstütze ich meine Patient:innen: Therapeutische Ansätze für die Weihnachtszeit

Die therapeutische Auseinandersetzung mit diesem Thema empfinde ich immer als sehr spannend. Insbesondere im Kontext von Weihnachten kann unsere Arbeit jedoch gelegentlich auch eine spezielle Herausforderung darstellen. Ich würde dir gerne ein paar Techniken vorstellen, die ich in den letzten Jahren als sehr hilfreich erlebt habe:

  • Zu Beginn sind Entspannungsübungen besonders zugänglich. Es ist wichtig, genau zu besprechen, wie und wann sie in den Alltag integriert werden können. Ein Beispiel wäre, die Body-Scan Übungen jeden Abend vor dem Einschlafen durchzuführen.
  • Es bietet sich an, das Thema Stress psychoedukativ zu bearbeiten bzw. dies nochmal ins Gedächtnis zu rufen. Dabei ist es besonders wichtig, konkret über das Thema Entspannung zu sprechen und wie diese erreicht werden kann. Zum Beispiel könnte man darüber nachdenken, wo man sich für einen Moment zurückziehen kann, etwa bei einem Spaziergang nach dem Essen.
  • Eine Kosten-Nutzen-Rechnung kann vor Augen führen, ob sich die geleisteten Investitionen überhaupt lohnen. Wird der Aufwand für das Einkaufen, Kochen, Dekorieren, sich fertig machen und die „perfekte“ Tafel, für eine halbe Stunde essen als sinnvoll empfunden? Hilfreich kann es hier auch sein zu reflektieren, ob diese Handlungen überhaupt zu dem Ziel führen, das gewünscht wird. Zum Beispiel: Wendet die „perfekt“ gedeckte Tafel den jährlichen Streit zwischen X und Y wirklich ab?
  • Zudem kann es sinnvoll sein, einen sokratischen Dialog zum Thema Perfektionismus, Ansprüche und/oder Grundannahmen zu Weihnachten zu führen. Ich mag da gerne die empirische Überprüfung, um etwas Abstand zu gewinnen und die Akzeptanz zu fördern: Von den x Weihnachtsfesten, die Sie zusammen mit Ihrer Familie verbracht haben, wie viele davon sind im Streit geendet? Wie hoch ist dann die Wahrscheinlichkeit, dass es dieses Jahr anders läuft?
  • Etwas tiefergehender ist die Stühlearbeit: Dabei lohnt es sich, den Perfektionismus oder die eigenen Ansprüche mal auf einen Stuhl zu setzen. Hierbei kann gut mit den Kognitionen dazu ins Gespräch gegangen und vielleicht auch das ein oder andere kritisch hinterfragt werden. Es kann hilfreich sein, mal zu hinterfragen, wann denn der Perfektionismus zufrieden ist. Oder woher denn die eigenen Ansprüche kommen und ob diese schon einmal gesagt haben: „Gut gemacht!“?
  • Mein Favorit ist ein abgewandeltes Vier-Felder-Schema, um etwas Bewegung in festgefahrene Denkmuster zu bekommen. Hier kann man auch gut am Boden arbeiten und dann alle gefundenen Ideen einmal abgehen und nachfühlen lassen. Folgend ein Beispiel:


Mir hilft es in meiner täglichen Arbeit sehr, mich vom Thema Weihnachten weg auf die dahinterliegenden Problemfelder wie z.B. Perfektionismus zu konzentrieren. Ich erlebe dabei gerade die Arbeit mit der Vier-Felder-Tafel als unglaublich gewinnbringend und tiefgehend. Diese Übung ist nicht nur kognitiv, sondern auch sehr interaktiv und emotional, was Patient:innen eine weitere Erlebnisebene zugänglich macht. Hast du auch solche Favoriten, die du besonders in der Weihnachtszeit anwendest? Wie erlebst du diesen Abschnitt im Jahr? Was hilft dir, diese besondere Zeit therapeutisch zu bearbeiten?

Ich hoffe, ich konnte dir ein paar hilfreiche Tipps und Anregungen für den Umgang mit Weihnachten geben. Zum Glück ist es durch die Videosprechstunde jetzt möglich, unsere Patient:innen in dieser (Reise-)Zeit intensiver zu begleiten und näher dabei zu sein. Ich wünsche dir viel Spaß beim Ausprobieren, Anwenden und Adaptieren bekannter Übungen in der Weihnachtszeit!

Katja Kunert
Psychologische Psychotherapeutin VT

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